Zum Inhalt springen

»Entrussifizierung« der Ukraine Selenskyj unterzeichnet Gesetze zum Verbot russischer Ortsnamen

Ein Drittel aller Ukrainer haben Russisch als Muttersprache - auch Wolodymyr Selenskyj. Jetzt aber hat der Präsident neue Gesetze unterzeichnet: Russische Ortsnamen sollen verboten werden, Staatsbürger müssen Ukrainisch können.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will die »Entrussifizierung« vorantreiben

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will die »Entrussifizierung« vorantreiben

Foto: Ukrainian Presidentia / ZUMA Wire / IMAGO

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat zwei Gesetze unterzeichnet, die russische Ortsnamen verbieten und Kenntnisse der ukrainischen Sprache und Geschichte zur Voraussetzung für die Staatsbürgerschaft machen, wie unter anderem die »New York Times« berichtet .

Bereits jetzt wurden unzählige Straßen in der Ukraine umbenannt. Statuen russischer Persönlichkeiten wie Katharina der Großen wurden im Rahmen von Projekten, die von den Behörden als »Entkolonialisierung« oder »Entrussifizierung« bezeichnet wurden, gestürzt. Solche Bemühungen, alte russische Namen zu entfernen, gibt es zwar schon seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, doch seit Beginn des Krieges im Februar 2022 haben sie an Tempo zugenommen.

Gestürzt: Die Statue von Katharina der Großen in Odessa

Gestürzt: Die Statue von Katharina der Großen in Odessa

Foto: Libkos / dpa

Das Ortsnamen-Gesetz wird in drei Monaten in Kraft treten, so eine Erklärung des ukrainischen Parlaments in der Nachrichten-App Telegram. Danach haben die lokalen Behörden sechs Monate Zeit, um »den öffentlichen Raum von den Symbolen der russischen Welt zu befreien«. Ein nationales Gremium wird eine Liste von Namen erstellen, die es für fragwürdig hält, und die lokalen Räte in den Städten und Gemeinden müssen diese Namen dann ändern. Wenn sich die gewählten Mitglieder der lokalen Gremien nicht einigen können, ist laut Gesetz der Leiter des jeweiligen Gremiums befugt, den Namen zu ändern.

Auch Selenskyjs Muttersprache ist Russisch

Viele ukrainische Bürger sind russische Muttersprachler – auch Präsident Selenskyj. Laut Forschern spricht schätzungsweise jeder dritte Ukrainer zu Hause Russisch, aber viele von ihnen haben als Zeichen des Widerstands nach Beginn des russischen Angriffskriegs zum Ukrainischen gewechselt.

So wichtig ihre Identität für die Ukrainer ist, so war ebendiese auch ein wichtiger Teil von Wladimir Putins Rechtfertigung für die Invasion. Bevor er im Februar letzten Jahres seinen Truppen den Befehl zum Grenzübertritt gab, beschuldigte Putin die Ukraine, die russische Sprache und Kultur »ausrotten« zu wollen. Als fadenscheinige Rechtfertigung für den Krieg führte er die Notwendigkeit an, russischsprachige Menschen zu schützen. Wiederholt behauptete er, die Ukraine sei kein richtiger Staat und die Ukrainer seien kein richtiges Volk, sondern in Wirklichkeit Russen.

Moskau verurteilt die »zwangsweise Ukrainisierung«

In den von Putins Streitkräften eroberten Gebieten versucht Moskau seither, die ukrainische Identität zu unterdrücken und den Einfluss Russlands durch intensive Russifizierungsbemühungen zu verstärken. Ukrainer wurden unter Druck gesetzt, sich russische Pässe ausstellen zu lassen. In Schulen wurde versucht, russische Lehrpläne durchzusetzen und in Cherson sollte die ukrainische Währung durch den russischen Rubel ersetzt werden.

Die russischen Truppen zogen sich im November aus Cherson zurück, bezogen aber auf der anderen Seite des Flusses Dnipro wieder Stellung und beschossen die Stadt weiterhin unerbittlich. Noch Monate nach dem Rückzug blieben Überbleibsel der Russifizierungsbemühungen zurück – wie schwach sichtbare Schilder auf Plakatwänden, auf denen zu lesen war: »Russland ist für immer hier.«

Moskau verurteilt die neuesten Vorstöße der ukrainischen Politik und erklärt, dass die Versuche, die russische Kultur auszulöschen und das Land »zwangsweise zu ukrainisieren«, gegen internationale Normen verstoßen.

czl