diana 1
2609

Im Kloster - Sr. Cornelia Holewik

Im Kloster

Am 29. Januar 1932 traten die fünf Mädchen aus Pilgramsdorf in das Kloster der Borromäerinnen in Olbersdorf bei Jägerndorf/CSSR ein. Der Abschied vom Elternhaus war Schwester Cornelia schwer gefallen. Die kleinen Geschwister hingen sehr an ihr, und auch sie liebte sie sehr. In ihren Erinnerungen schrieb sie darüber: "Wie viel ich im Kloster vor Heimweh weinte, weiß nur Gott allein."

Schwester Cornelia hatte die Heimat ohne den Segen der Eltern verlassen, weil alle gegen ihren Klostereintritt waren. Der Vater hatte bereut, die Unterschrift für die Ausreisebewilligung gegeben zu haben, und betrank sich, der Mutter war es egal.

Die Mädchen wurden im Kloster mit großer Liebe und Freude aufgenommen. Nach sechs Wochen Probezeit bekamen sie ihre Kandidatinnen-Häubchen. Dies war der 13. März 1932 – Passionssonntag – und gleichzeitig der 21. Geburtstag von Schwester Cornelia. Sie war sehr glücklich und dankte dem Heiland für dieses Geburtstagsgeschenk.

Am Vorabend der Feier sagte die gute, Ehrwürdige Mutter in einer Ansprache zu den Kandidatinnen: "Meine lieben Kinder, morgen ist Passionssonntag. Wir haben Euch, wie ich an Euren Gesichtern sehe, mit der Aufnahme in unsere Klostergemeinschaft eine große Freude bereitet; doch wir wissen nicht, ob der liebe Gott nicht die eine oder andere von Euch als Sühneseele auserwählen wird. Das ist gut so, denn sonst würden wir vor dem bevorstehenden Kreuz erschrecken" Das war für Sr. Cornelia bereits die Prophezeiung, ohne daß sie es erahnte. Sie schreibt darüber: Ich war damals so glücklich, daß ich an das Kreuz nicht dachte. Die Hauptsache war, daß ich endlich im Kloster war, nach dem ich mich so sehr gesehnt hatte!

Die Postulantinnen halfen den Schwestern bei der Arbeit, besonders in der Krankenpflege im Krankenhaus, welches der Kongregation gehörte. Schwester Cornelia kam gleich nach dem Erhalt der Kandidatinnenhaube ins Krankenhaus auf die Männerstation. Hier, so schreibt sie in ihren Erinnerungen, fing das Kreuz an. Sie hatte eine furchtbare Angst vor den Männern.

Die Vorgesetzten hatten sehr schnell erkannt, daß die Kandidatin sehr fleißig und gewissenhaft in der Pflege der Kranken war. Aus diesem Grunde wurde sie schon nach 4 Wochen ins Krankenhaus nach Jauernig versetzt, um eine erkrankte Schwester zu vertreten. Sie sagte zu der Novizenmeisterin: "Ich habe Angst davor, denn ich kenne ja noch nichts, außerdem kann ich auch noch nicht deutsch sprechen." Die Novizenmeisterin aber gab ihr ein Kreuz mit auf den Weg und sagte: "Mir ist nicht bange um Sie. Wenn nicht Sie es wären, die dorthin geht, so hätte ich wohl schon Not. So aber bin ich voller Zuversicht."

In Jauernig waren alle mit der Kandidatin zufrieden, die Ärzte wie auch die Schwestern. Aber auch dort mußte sie kämpfen. Ein junger Mann verfolgte sie ständig und wollte sie heiraten. Sie beklagte sich bei der Mutter Oberin wegen dieses Mannes und bat sie, sie möge sie nicht mehr allein in die Kirche gehen lassen, da der Mann sie immer belästigte.

Die Oberin aber erwiderte ihr: "Ich habe keine Angst um Sie, Sie haben die Berufung für das Kloster!" Nach zwei Monaten mußte sie wieder zur Aushilfe ins Krankenhaus nach Freiwaldau gehen. Der sechzigjährige Arzt wollte sie nicht gehen lassen, doch jetzt ging es auch um die Vorbereitung auf die Einkleidung, und da mußte der Arzt nachgeben und Schwester Cornelia gehen lassen.

In Freiwaldau kam sie als Aushilfe auf die Extrastation zur Stationsschwester Peregrina. Sie war eine sehr genaue Schwester, und Sr. Cornelia lernte viel bei ihr, auch die deutsche Sprache, soweit dies in der kurzen Zeit möglich war. Nur einen Monat war sie mit Schwester Peregrina zusammen, dann wurde diese als Oberin in ein anderes Haus versetzt, und Sr. Cornelia blieb mit dem Stationsmädchen allein auf der Station. Dies war allerdings für einige Schwestern von anderen Stationen ein Dorn im Auge. Sie beschuldigten Sr. Cornelia bei der Oberin, daß sie die Kranken nicht gut pflege.

Die Oberin überzeugte sich selbst und sah, daß Sr. Cornelia außerordentlich gewissenhaft arbeitete. Auch waren alle Ärzte und Patienten mit ihr zufrieden. Die Oberin wies daher die neidischen Schwestern zurecht.

Nach 6 Monaten wurde sie in Olbersdorf am 4. Februar 1933 eingekleidet und erhielt den Namen Sr. Maria Cornelia. Nur Gott allein wußte, wie glücklich sie war. Vor Freude konnte sie nicht einmal schlafen. Doch schon kurz nach der Einkleidung erkrankte Sr. Cornelia an einer schweren Angina mit hohem Fieber. Dies wiederholte sich dreimal. Dann aber meldete sich die Krankheit zum vierten Mal. Die Novizenmeisterin, Sr. Regina, hatte sie untersucht. Die Temperatur stieg auf 39,5º C. Sr. Regina sagte zu der Novizin: "Das ist schrecklich mit Ihnen. Sie machen mir Kummer. Wir haben Sie nicht deswegen eingekleidet, damit Sie immerzu im Bett liegen. Doch jetzt gehen Sie ins Bett, besuchen komme ich Sie nicht mehr." Die Novizin weinte bitterlich, bis sie einschlief.

Es war Vormittag. Sie träumte einen sehr lebhaften Traum, den sie nachfolgend beschreibt: Ich sah mich krank im Bett liegen. Plötzlich öffnete sich die Türe des Schlafsaales. Ich hörte, wie eine zarte Stimme rief: "Sr. Cornelia!" Spontan antwortete ich: "Hier bin ich!" Dies wiederholte sich drei mal. Dann sah ich eine sehr schöne weiße Gestalt. Diese schwebte über die Betten und tat so, als suche sie jemanden. Auf einmal sah sie mich an. Ich erkannte die liebe Mutter Gottes. Sie trug ein großes, schweres Kreuz und ging sehr gebückt. Sie legte das Kreuz auf mich und sagte zu mir: "Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach Deinem Wort!" Das Kreuz, welches die liebe Gottesmutter auf mich gelegt hatte, war so schwer, daß ich glaubte, darunter zu ersticken, und ich rief: "Liebe Gottesmutter, hilf mir, ich ersticke unter dieser Last!" Das rief ich so lange, bis ich erwachte. Es war niemand bei mir. Das Kopfkissen war noch ganz naß und abgefärbt von den Tränen, die ich vor dem Einschlafen geweint hatte.

Nach einer Weile kam eine Schwester und brachte mir das Mittagessen. Sie sagte zu mir: "Schwester Cornelia, Sie machen ja schöne Geschichten. Jeden Augenblick sind Sie im Bett" Ich bat Sr. Angelika, sie möge so gut sein und Sr. Novizenmeisterin bitten, daß sie einmal zu mir kommen möge, ich müsse ihr erzählen, was ich geträumt habe. Zu meiner großen Freude kam Mutter Novizenmeisterin, und ich erzählte ihr meinen Traum. Sie sagte daraufhin zu mir: "Da können Sie sich noch auf ein größeres Kreuz, als Sie es schon haben, vorbereiten." Sie zeichnete mir ein Kreuzchen auf die Stirn und ging fort. Ich war glücklich, daß die Mutter Novizenmeisterin nicht mehr böse auf mich war.

Ein paar Tage mußte ich noch wegen des Fiebers im Bett bleiben. Als ich dann aufstehen durfte, konnte ich mit dem linken Fuß nicht auftreten. Ich sagte jedoch nichts, denn ich wollte den lieben Vorgesetzten keinen Kummer machen. Es bemerkte niemand, daß mir der Fuß weh tat. Eines Tages ging jedoch die Novizenmeisterin hinter mir die Treppe hinunter. Ich konnte mit dem Fuß sehr schlecht auftreten. Er war bis zum Knöchel angeschwollen. Dies sah Mutter Novizenmeisterin jetzt von hinten und sagte zu mir: "Meinen Sie, Schwester Cornelia, ich sähe nicht, daß Sie hinken? Was haben Sie wieder?" Ich erwiderte: "Vielleicht Rheumathismus, denn mein Fuß ist geschwollen."

Es war im Jahre 1933. Ungefähr 2 Wochen ging ich mit solch furchtbaren Schmerzen umher. Als ich es nicht mehr aushalten konnte, ging ich zur Mutter Novizenmeisterin und sagte ihr, daß ich so furchtbare Schmerzen im Fuß hätte, daß ich nicht mehr auftreten könne. Sie sagte zu mir: "Gehen Sie sofort ins Krankenhaus!" Das Krankenhaus war Eigentum der Kongregation. Ich ging sogleich dorthin. Der Primarius untersuchte mein Bein und schickte mich zum Röntgen. Sr. Henriette machte das Bild. Ich mußte auf das Resultat warten. Nachdem der Arzt das Bild gesehen hatte, stellte er Knochentuberkulose fest, was er mir aber nicht sagte. Er bestellte mich für den nächsten Tag, an dem ich einen Gipsverband bekommen sollte.

Ich meldete mich bei der Novizenmeisterin zurück und sagte ihr, daß ich am nächsten Tag nochmals ins Krankenhaus sollte, damit ich einen Gipsverband bekäme, da ich einen Knochensprung hätte, wie mir der Arzt erklärt hatte. Die Novizenmeisterin sagte zu mir: "Sr. Cornelia, wenn Sie das Bein behalten können, so können Sie von Glück reden." Ich aber nahm dies mit meiner lebhaften Natur nicht so tragisch. Man hatte mir ja verschwiegen, daß es eine Knochentuberkulose war und auch die Folgen. Ich glaubte, ich müsse den Gipsverband 6 Wochen tragen, und danach würde es schon wieder gut werden. Doch aus den 6 Wochen wurden 6 Monate, und das Bein war immer noch nicht gesund.

Mit dem Gipsverband wurde ich der Küchenschwester zur Seite gestellt. Natürlich konnte ich mich nicht schonen. Ich machte alle Arbeiten. Am schwersten war es für mich, wenn ich die vielen Kartoffeln aus dem Keller holte, da ich die Stiege schwer gehen konnte. Niemand bemerkte, daß ich ein krankes Bein hatte, denn ich tat alle meine Pflichten.

Meine lieben Vorgesetzten hatten nach dem aszetischen Jahr den Plan gehabt, mich als Köchin in Rabenseifen einzusetzen, einem Erholungsort für die Schwestern. Dort waren ständig drei, im Sommer jedoch bis zu 15 Schwestern. Für diese hätte ich kochen sollen. Doch der gute Heiland hat es anders gefügt. Während der Exerzitien im aszetischen Jahr verschlimmerte sich meine Krankheit so, daß ich keinen Schritt mehr gehen konnte. Ich wurde ins Krankenhaus getragen und blieb dort einige Monate bis zu dem Tag, an dem mir das Bein amputiert werden sollte. Es war der Tag vor dem Fest Peter und Paul. Ich war an diesem Tag für die Operation vorbereitet, und die Stationsschwester wollte mir schon eine Spritze geben. Der Primarius Neugebauer kam nochmals zu mir ins Krankenzimmer, schaute mich mitleidig an und sagte zur Frau Oberin: "Schauen Sie sich das Menschenkind an! Sie steht am Anfang ihres Lebens. Mir tut sie leid. Ich werde sehen, ob ich noch etwas für sie tun kann." Noch am selben Tag kam ich zurück ins Krankenhaus des Mutterhauses, da ich ja nicht operiert wurde.

Zwei Wochen später bekam ich eine Blindarmentzündung mit Fieber. Ich mußte wieder ins Krankenhaus. Der Primarius war im Urlaub. Ich wurde vom Assistenzarzt operiert. Die Blindarmoperation gelang, jedoch wurde während der Operation eine Bauch-Tuberkulose festgestellt. Die Wunde wollte und wollte nicht heilen. Erst nach 3 Monaten konnte ich das Krankenhaus wieder verlassen, um in das Krankenzimmer des Mutterhauses überzusiedeln. Dort wartete ich auf den Tag, an dem mir der Fuß abgenommen werden sollte. Dieser Tag wurde auf den 12. Dezember 1934 festgesetzt.

Einen Tag vor dieser Operation kam die Provinzialoberin, Mutter Cordula, zu mir und fragte mich: "Schwester Cornelia, was wollen Sie lieber: nach Hause gehen oder sich den Fuß abschneiden lassen?" Mutig antwortete ich ihr: "Liebe, Ehrwürdige Mutter, lieber lasse ich mir beide Beine abnehmen, als daß ich wieder heim wollte!" Die Ehrwürdige Mutter ging ein Stück von meinem Bett weg und weinte. Dann kam sie zurück und sagte zu mir: "Nein, Schwester Cornelia, wir schicken Sie nicht nach Hause. Es war aber meine Pflicht, Sie zu fragen." Abends wurde ich in die Klinik getragen, damit ich für die Operation vorbereitet werden konnte. Ich ergab mich in Gottes heiligsten Willen, und da wir gerade im Advent waren, sagte ich in meinem Inneren: "Lieber Gott, ich habe nichts, was ich Dir in die Krippe legen kann. Du bekommst diesmal nur den harten Knochen, das abgeschnittene Bein. Damit mußt Du zufrieden sein. Wenn dies Dein Wille ist, so gib mir die Gnade, alles gut zu überstehen."

Als der nächste Tag gekommen war, freute ich mich, daß ich dem lieben Gott das Opfer meines Fußes bringen konnte. Als ich auf dem Operationstisch lag, kamen die Schwestern gerade zum Mittagstisch. Die Ehrwürdige Mutter Cordula sagte zu den Schwestern: "Sr. Cornelia ist gerade jetzt im Operationssaal. Es wird ihr das Bein abgenommen. Beten wir für sie!" Und sie beteten das "Vater unser. das "Ave Maria" und "Unter deinem Schutz und Schirm". Die Ehrwürdige Mutter Cordula weinte dabei bitterlich, wie mir später die Schwestern erzählten.

Ich lebte immer in dem Bewußtsein, daß ich mit meiner Krankheit meinen Vorgesetzten großen Kummer bereitete. Deshalb bemühte ich mich besonders, niemals traurig zu sein und immer guten Mutes und voll heiliger Hoffnung. Gern beschäftigte ich mich im Bett mit Handarbeiten für die Kongregation. Am Tage arbeitete ich, und nachts betete ich oft bis zu 10 Rosenkränze. Ich konnte keinen Schlaf finden, aus Angst vor den sterbenden oder gestorbenen Schwestern. In diesem Zimmer starben viele Schwestern, denn man hatte mich zu den schwersten Fällen gelegt. Es war ein 5-Bett-Zimmer mit vorwiegend altersschwachen Schwestern, die aus den Filialhäusern ins Mutterhaus zum Sterben kamen. Ich war immer die Jüngste, eine Novizin.

Die Pflegeschwester, Sr. Siena, mochte mich nicht. Oft sagte sie zu mir: "Sie junger Schnacker, Sie sollten lieber arbeiten, damit wir alte Schwestern uns jetzt einmal ausruhen könnten. Statt dessen legen Sie sich ins Bett und lassen sich bedienen." Doch ich konnte nichts dafür. Das amputierte Bein wollte auch nicht heilen. Es eiterte an den Narben, und die ganzen Muskeln waren schon vereitert. Ich hatte furchtbare Schmerzen. Jeden zweiten Tag ging ich auf Krücken ins Krankenhaus zum Verbinden. Der Arzt war erschüttert über die garstige Wunde, doch helfen konnte er mir auch nicht. Oft weinte ich bittere Tränen darüber, daß ich meinen Mitmenschen nur eine Last war. Ein halbes Jahr eiterte das Bein.

Es ging wieder auf das Frühjahr zu. Der Primarius dachte an eine erneute Operation, welche auch ausgeführt wurde. Nach dieser Operation hatte ich sehr viel Schmerzen. Acht Tage mußte ich im Spital wieder fest liegen. Anschließend wurden die Drainagen entfernt. Die Wunde muß sehr garstig gewesen sein. Sr. Irmina, die Stationsschwester, meinte es gut mit mir. An einem schönen, sonnigen Tag im Mai setzte sie mich an das offene Fenster. Ich sollte den Fuß von der Sonne bescheinen lassen. Nach einer Stunde kam die Krankenschwester zu mir ins Zimmer und sagte: "Für heute haben Sie genug. Morgen dürfen Sie dann das erste Mal wieder in die Heilige Messe gehen." So war es auch. Als ich jedoch am nächsten Tag aus der Kapelle kam, wurde mir unsagbar schlecht. Ich bekam Schüttelfrost, der volle zwei Stunden andauerte. Anschließend stieg das Fieber auf 40°, und das Knie am amputierten Bein tat so weh, daß ich es nicht mehr aushalten konnte.

Der Arzt stellte eine Lungenentzündung fest. Als er am nächsten Tag zur Visite kam und sich das amputierte Bein besah, war der Stumpf 10 cm feuerrot geworden. Eine ganze Woche lang wurde das Bein täglich einen Zentimeter weiter rot. Es war Rotlauf mit anschließender Blutvergiftung. Die Krankenhausoberin war sehr besorgt um mich und sagte zu mir: "Schwester Cornelia, Sie sind sehr krank. Wir möchten, daß Sie Ihre Profeß im Bett ablegen."

Ich war während dieser Krankheit recht frohgemut, ja, beinahe übermütig und sagte zu der lieben Mutter: "Liebe Mutter, ich werde noch nicht sterben, ich werde noch lange leben, um Euch noch recht lange zu ärgern!" Die liebe Mutter ging voller Hoffnung wieder von mir. Alle meinten, ich würde phantasieren, doch ich wußte alles, was ich gesagt hatte. Noch heute weiß ich es, als wäre es gestern gewesen.

Das Bein tat mir sehr weh. Es war wie eine Kanne geschwollen, und ich war bis zum halben Bauch feuerrot. Der Primarius wollte das Bein noch einmal öffnen. Er meinte, es muß dem Fieber nach völlig vereitert sein. Die Schwestern wollten mich nun auf den Wagen legen. Beim Aufheben des Beines aber platzte die Wunde auf, und der Eiter floß in so großer Menge heraus, daß sich der Strom bis zur Türe ergoß.

Eine Operation war nun nicht mehr notwendig. In einer Woche verheilte die Wunde, und das Fieber verschwand. Als der Primarius dies sah, faßte er Mut und fabrizierte mir eigenhändig einen Stelzfuß, damit ich gehen konnte.

Jedoch schon kurze Zeit später zog ich mir erneut eine Erkältung zu und wurde wieder sehr krank. Als ich wieder genesen war, konnte ich im Sommer, am 31. Juli 1935, die heiligen Gelübde ablegen. Es waren die zeitlichen Gelübde auf 3 Jahre. Am liebsten hätte ich die ewigen Gelübde abgelegt, weil ich dachte, daß man mich dann nicht wieder nach Hause schicken könne. So aber hatte ich immer Not darum aufgrund meiner häufigen Erkrankungen; denn oftmals sagte die Mutter Meisterin zu mir: "Wir werden Sie nach Hause schicken!"

Meine Mitnovizinnen haben mich oft ausgelacht. Sie sagten zu mir: "Heilige Cornelia, bitte für mich!" Einmal, zu meinem Namenstag, legten sie mir einen Heiligenschein mit einem Gedicht aufs Bett. Der Heiligenschein war aus Pappdeckel gemacht und mit Staniolpapier überzogen. Ich weiß nicht, was die Schwestern dazu bewogen hatte, mir so etwas zu basteln. Alle haben mich ausgelacht. Ich lachte mit, denn es war ja auch richtig, über eine solche Dummheit zu lachen. Ich sagte zu meinen Mitschwestern: "Ich bin mit einem Heiligenschein nicht zufrieden. Es gehört noch ein Postament dazu." Sie lachten alle herzlich und versprachen mir dieses für das nächste Jahr, was ich dann auch erhielt. Doch wieder war ich damit nicht zufrieden. Jetzt wollte ich eine Kirche dazu haben. Diese aber bekam ich nicht. Die Novizinnen sagten: "Mit Ihnen wird man nicht fertig, Sie betreiben Ihre eigene Politik." Sie wollten mich ärgern, doch weil ich mich nicht ärgern ließ, hörten sie mit solchen Späßen auf.

Ich war überaus glücklich, daß ich im Kloster sein durfte. Ich tat, was die anderen auch taten, ohne in der Gemeinschaft aufzufallen. Da ich jetzt meinen Fuß nicht mehr hatte, wurde ich zur Hilfe in die Nähstube gegeben, die sich im 3. Stock befand. Auch wurde mir das Läuten zum Gebet und zu den Mahlzeiten anvertraut. Ich ging immer einige Minuten zuvor zur Glocke, damit ich läuten konnte, wenn die Uhr geschlagen hatte.

Eines Tages, es war der 21. November 1935, ging ich läuten. Anschließend ging ich, wie immer, als erste ins Refektorium. Es war 11 Uhr und unsere Mittagessenszeit. Als ich so den Korridor entlang ging, erblickte ich in der Klausur ein Kind, welches mir – weiß gekleidet – entgegenkam. Es war ungefähr 15 m von mir entfernt. Als ich näher kam, sah ich, daß das Kind von einer Wolke getragen wurde. Die Wolke war weiß wie Schnee und das Kind im Alter von ungefähr drei oder vier Jahren. Das weiße Kleidchen ging dem Kind ein Stück bis unter die Knie, und die Ärmchen hatte es breit ausgespannt. Als ich ihm ganz nahe kam, war es plötzlich verschwunden. Ich schaute hin und her, doch ich konnte kein Kind mehr sehen. Ich dachte darüber nach, was das wohl gewesen sein mochte, doch an das Jesuskind dachte ich nicht. Von nun an aber sah ich dieses Kind immer wieder: in der Kapelle, im Garten, bei der Arbeit. Ich war darüber sehr erschrocken und wußte nicht, was das war. Eines Tages, als ich im Schlafzimmer ganz alleine war, faßte ich Mut und fragte: "Wer bist du, und was willst du?" – "Ich bin dein Jesus, meine Schwester, und ich komme, um dich für mich zu erziehen", so antwortete das Jesuskind. Ich dachte nun fortwährend darüber nach, und das Jesuskind kam immer öfter.

Mit niemandem sprach ich darüber. Es fehlte mir der Mut. Oft dachte ich daran, wie mich die lieben Mitschwestern verspottet und ausgelacht hatten, und ich fragte mich, welchen Spott sie wohl treiben würden, wenn sie darum wüßten. Auch fürchtete ich, es könnte ein Blendwerk der Hölle sein, so daß ich mich sehr darüber grämte. Ich konnte weder essen, noch schlafen. Es ging so weit, daß ich sehr schwer erkrankte und zum Arzt geschickt wurde. Der Arzt stellte anhand des Röntgenbildes eine Lungenentzündung fest.

Das Jesuskind kam nun immerfort und trieb mich zu großen Opfern an, indem es oft sagte: "Bringe es mir zum Opfer!" Ich tat alles, was mir nur einfiel, um Opfer zu bringen. Selbst auf die Butterzuteilung verzichtete ich, nur um dem lieben Jesuskinde ein Opfer zu bringen. Die Butter, die ich mir auf die Semmeln streichen sollte, warf ich ohne Überlegung ins Feuer, weil ich glaubte, daß das ewige Licht nur für den lieben Gott elektrisch brennt. Voll Freude schaute ich in den Ofen und beobachtete, wie die Butter hell brannte und wünschte mir, daß auch meine Liebe zu Gott so aufglühen möchte.

Wenn ich im Fieber lag, hatte ich das Verlangen, mich als Opfer zu verzehren. An eine Genesung glaubte niemand. Meine Augen glühten im Fieber, doch mein Herz glühte vor Liebe zu Gott, und ich war von dem Wunsch beseelt, dem Heiland alles zu opfern.

Ständig verlangte ich nun Arbeit ans Bett, damit mir der Tag besser vergehen sollte. Ich nähte so viel mit den Händen, daß die Nähstubenschwester jedesmal vor Freude weinte, daß ich so viel geschafft hatte. Es waren an einem Tag jedes mal über 70 Knopflöcher, die ich genäht hatte. Ich gönnte mir mittags nicht einmal fünf Minuten zum Ausruhen. Ohne Unterlaß arbeitete ich im Bett und unterbrach meine Tätigkeit nur, um meine Pflichtgebete zu verrichten. Des nachts konnte ich wieder vor Angst vor den sterbenden Mitschwestern nicht schlafen, und so betete ich oft halbe Nächte gewöhnlich zehn oder zwölf Rosenkränze. Ich wollte mich damit gut auf meinen Tod vorbereiten, denn es wurde mir oft durch die Novizenmeisterin gesagt, daß ich am Rande meines Lebens sei. Den Tod fürchtete ich damals nicht. Im Gegenteil, ich freute mich überaus auf denselben und suchte nur nach Opfern, die ich noch bringen konnte.

Die Mitschwestern, welche ebenfalls lungenkrank mit mir in einem Zimmer lagen, bekamen Lebertran als Medizin. Keine wollte ihn trinken, weil er so ekelig schmeckte. Auch ich konnte ihn nicht riechen, doch ich dachte, wenn ich sterben sollte, so muß ich, um in den Himmel zu kommen, dieses Opfer bringen. So trank ich dann den mir zugedachten Lebertran und auch den meiner kranken Mitschwestern. Die Butter und alle Süßigkeiten aber, die ich bekam, warf ich aus Liebe zu Gott ins Feuer. Das liebe Jesuskind segnete mich jedesmal, wenn ich ein solches Opfer gebracht hatte. Meine Krankheit besserte sich innerhalb von neun Wochen sehr, trotz der vielen Opfer, die ich gebracht hatte, um gut zu sterben. Eine Leidensgenossin nach der anderen starb, bis schließlich in einem Jahr alle erlöst waren und ich allein zurückblieb. Gerade ich mußte am Leben bleiben, die ich ein Krüppel war ohne Fuß. Ich weinte bitterlich, daß ich nun allein geblieben war, hatte ich mich doch so sehr auf den Tod gefreut.

Von meiner Pflegeschwester wurde mir das Weinen übel genommen. Sie ging zur Novizenmeisterin und verklagte mich, daß ich unzufrieden sei und fortwährend weine. Die Novizenmeisterin ließ mich rufen, und als ich zu ihr kam, ging sie wortlos aus dem Zimmer und ließ mich einfach so stehen. Ich stand eine halbe Stunde in ihrem Zimmer, dann suchte ich sie. Damals hatte ich noch keine Prothese, sondern nur das Stelzbein, auf dem ich mit dem angeschnittenen Bein knien mußte. Es war für mich eine Qual, so lange stehen zu müssen. Ich fand die Mutter Meisterin im Noviziat sitzen und handarbeiten. Ich ging zu ihr. Als sie mich sah, stand sie, ohne ein Wort zu sagen, auf und verließ den Raum. Ich ging ihr bis in ihr Zimmer nach. Es war die Mutter Meisterin Aniceta. Als ich ins Zimmer eingetreten war, fragte sie mich in sehr strengem Ton: "Was wollen Sie hier?" Ich antwortete: "Mutter Meisterin, Sie haben mich rufen lassen, und ich weiß nicht, was Sie von mir wünschen." Dabei weinte ich bitterlich. Die Mutter Meisterin erklärte mir: "Wenn es Ihnen nicht paßt, können Sie immer noch nach Hause gehen. Ob Sie die ewigen Gelübde machen werden, ist noch fraglich!"

Von da an lebte ich in furchtbarer Angst, daß man mich doch noch nach Hause schicken würde. Ich sagte zur lieben Mutter Meisterin: "Liebe Mutter Meisterin, was habe ich verbrochen? Bitte sagen Sie es mir, damit ich mich bessern kann." Sie antwortete mir: "Sie Quälgeist, ich soll Ihnen wohl noch Rechenschaft ablegen? Schauen Sie, daß Sie wegkommen!" Zutiefst erschrocken fragte ich: "Mutter Meisterin, wohin soll ich denn gehen? Ich gehöre doch noch immer ins Noviziat! Eine Mutter habe ich auch nicht mehr, der ich schreiben könnte. Mutter Meisterin, Sie haben mich doch mit dem Eintritt ins Kloster als Kind angenommen, und jetzt wollen Sie mich ohne Grund aus Ihrem Zimmer herausschmeißen? Bitte, wohin soll ich gehen, wenn nicht zur Mutter?" Ich weinte noch immer bitterlich und sagte noch: "Gut, ich gehe zur lieben Gottesmutter und werde sie ohne Unterlaß bitten, daß sie mich zu sich nehmen soll, weil man mich auch hier nicht haben will!"

Mutter Meisterin hatte meine Worte verstanden, und es war, als hätte sie sich in einem einzigen Augenblick gewandelt. Sie drehte sich zu mir um und sagte mit Lachen: "Schwester Cornelia, Sie sind ein guter Quälgeist. Kommen Sie, weinen Sie nicht mehr. Ich habe Sie heute erst richtig kennengelernt." Von da an war die Novizenmeisterin wie umgewandelt. Sie war sehr gut zu mir und bat mich sogar um Verzeihung für alles, womit sie mir wehgetan hatte.

Bald merkte ich, daß es den anderen Schwestern lieber gewesen wäre, wenn ich anstelle der anderen kranken Schwestern gestorben wäre, weil ich doch ein Krüppel war und keine vollwertige Arbeitskraft. Ich bemühte mich daher, noch fleißiger zu sein, und es gelang mir, sitzend so viel zu schaffen wie ein gesunder Mensch.

Als ich mich immer besser fühlte, bat ich darum, schon eine richtige Arbeit übernehmen zu dürfen. Die Ehrwürdige Mutter selbst sagte eines Tages zu mir: "Schwester Cornelia, ich habe ein schönes Amt für Sie. Trauen Sie sich zu, die Klosterpforte zu übernehmen?" Ich antwortete ihr: "Wenn die Ehrwürdige Mutter glaubt, daß ich es kann, so werde ich es mir auch zutrauen." An der Klosterpforte war nämlich eine sehr alte Schwester, die ich ablösen sollte. Die Ehrwürdige Mutter ging nun selbst mit mir zur Pforte und stellte mich Schwester Eucheria vor. Sie sagte zu Schwester Eucheria: "Ich bringe Ihnen eine tüchtige Vertretung. Lernen Sie sie gut an und erklären ihr alles, was an der Pforte zu tun ist, denn Sie müssen ein wenig ausruhen, es ist zuviel für Sie." Die Ehrwürdige Mutter zeichnete mir ein Kreuzchen auf die Stirn und ging fort.

Die Pforte war ein kleines Zimmer, in dem ein Bett für das Dienstmädchen stand, welches dort schlief, eine Kommode, ein Tisch, zwei Stühle, ein Hocker, auf dem das Mädchen sitzen konnte und ein Waschtisch. Sr. Eucheria trug alsbald einen der beiden Stühle ins Armenzimmer mit den Worten: "Für zwei Stühle ist hier kein Platz. Wie sich die Ehrwürdige Mutter das so denkt!" Zu mir sagte sie dann: "Wenn Sie es aushalten, können Sie die ganzen Tage stehen." Ich stand den halben Tag auf einem Fleck, denn ich durfte keinen Schritt innerhalb des Zimmers tun. Das Dienstmädchen schaute mich mitleidig an und bot mir ihren Hocker an, damit ich mich setzen konnte. Doch wurde ihr das sofort untersagt mit den Worten: "Für zwei Stühle und einen Hocker ist hier kein Platz. Außerdem ist sie hierher gekommen, um mich von der Pforte zu vertreiben. Ich will und brauche sie hier nicht."

Nachdem Sr. Eucheria dies gesagt hatte, ging ich weinend zur ehrwürdigen Mutter und erzählte ihr alles. Auch, daß ich den halben Tag auf einem Fleck habe stehen müssen und daß Schwester Eucheria immer wieder gesagt hatte, daß für zwei Stühle und einen Hocker in der Pforte kein Platz sei, und sie den zweiten Stuhl ins Armenzimmer gebracht hatte und ich stehend meinen Dienst verrichten sollte.

Die Ehrwürdige Mutter war nach meinem Bericht sehr ärgerlich auf Schwester Eucheria, und sie sagte zu mir: "Gehen Sie ruhig wieder an die Pforte. Ich werde in der Zwischenzeit mit ihr reden."

Nach dem Mittagessen ging ich wieder an die Klosterpforte. Zu meinem Erstaunen stand dort schon ein Stuhl für mich. Schwester Eucheria sagte zu mir: "Ich habe gehört, daß Sie sehr geschickt handarbeiten können. Ich habe hier eine Fülle von Arbeit, da können Sie es gleich einmal unter Beweis stellen." Schwester Eucheria war Handarbeitslehrerin. Sie erklärte mir die anzufertigende Handarbeit, und sie war die Liebe in Person. Ich aber hatte eine solche Arbeit noch nie gesehen und auch noch nicht gemacht, doch ich ging frohen Mutes ans Werk. Vor allem aber war ich glücklich, daß Schwester Eucheria nicht mehr ärgerlich über mich war. Als ich schon eine Weile gearbeitet hatte, begutachtete Schwester Eucheria das Werk und fragte mich: "Wo haben Sie die Handarbeit gelernt?" Ich antwortete ihr. "Nirgends, auch diese Arbeit nicht! Zum ersten Mal in meinem Leben mache ich diese Handarbeit." Anerkennend sagte sie: "Das machen Sie schöner als ich. Sie müssen die ganze Arbeit fertigmachen." Es war eine sehr schwere Spitze für einen Chorrock.

Ich war sehr glücklich, daß sie mich liebgewonnen hatte, und arbeitete fleißig daran. Doch nicht lange währten Frieden und Eintracht, denn kurze Zeit später brachte mir die Novizenmeisterin eine Arbeit aus der Nähstube, die zur bevorstehenden Einkleidung fertig sein sollte. Da ich immer noch zum Noviziat gehörte, mußte ich die Arbeit der Novizenmeisterin annehmen. Damit begann erneut das Kreuz. Die Pfortenschwester war wieder so garstig wie zuvor mit mir. Doch den Stuhl, auf dem ich saß, ließ ich mir nun nicht mehr nehmen. Alle Augenblicke schimpfte sie mit mir, daß ich zuviel Platz benötigte. Ich konnte nicht anders, ich weinte immerzu und dachte nach, wie ich die Schwester zu einer anderen Gesinnung bringen könnte.

Als das liebe Jesuskind bei mir war, fiel mir ein, für die Sünden der Lieblosigkeit Buße zu tun. Ich fragte das Jesuskind: "Soll ich Buße tun?" und das Jesuskind antwortete: "Ja, tue Buße, und übe dich in der Liebe!" Ich tat alles, was mir nur einfiel. Zum Beispiel fiel mir ein, keine Buttersemmel mehr zu essen. Weil ich tuberkulös war, bekam ich zum Frühstück eine Buttersemmel, die ich noch im Krankenzimmer aß. Ich trank zum Frühstück nur den Kaffee, die Buttersemmel aber packte ich in Papier und gab sie an der Pforte den Armen. Auch mit allen anderen guten Sachen und Süßigkeiten machte ich es so. Niemand merkte etwas davon. Dann fiel mir noch folgendes ein: Da ich ein Stelzbein hatte, bog ich den Stumpf rückwärts ein. So konnte ich auf ein Brett, auf dem ein Wattepolster lag, knien. Ich nahm das Wattepolster heraus und kniete mich auf das bloße Brett. Zu meinem Erstaunen bekam ich Bursitis, jedoch am gesunden Bein. Ich hatte große Schmerzen im rechten Knie, jedoch gesagt habe ich nichts, sondern ich ertrug alles als Sühne für die Lieblosigkeiten. An der Pforte war es, als wäre der Teufel losgelassen. Eines Tages jedoch klagte Schwester Eucheria bei mir über große Schmerzen in beiden Händen, und zwar zwischen Daumen und Zeigefinger. Ich bemitleidete sie, sagte aber nichts, denn in diesem Augenblick war das Jesuskind da und zeigte auf den Stuhl, welchen sie mir weggenommen hatte.

Es sagte zu mir: "Meine Schwester, auch Schwester Eucheria hat eine große Gnade bekommen, ihre Lieblosigkeit sühnen zu dürfen. Hast du gesehen, an welcher Stelle ihr die Hände wehtun? In kurzer Zeit wird sie noch mehr abbüßen müssen" Bald darauf ging ihr die Hand auf und auch ein Fuß. Ich weiß aber nicht, welcher Fuß es war, nur, daß sie viel leiden mußte. Aber auch ich mußte deswegen leiden, denn sie hielt mir immerzu vor, daß sie sich bei mir angesteckt hätte, und daß es nichts anderes als Tuberkulose sei. Zum Arzt wollte sie aber nicht gehen, denn sie hatte Angst, daß sie den Pfortendienst nicht mehr ausführen durfte. Doch die Vorgesetzten schickten Sie dennoch zum Arzt, und es kam so, wie sie es befürchtet hatte. Sie mußte ins Krankenhaus und kam nicht mehr zurück. Nach einigen Wochen starb sie.

Ich blieb nun an der Pforte mit dem Dienstmädchen allein. Später bekam ich eine Postulantin, die mir helfen sollte, dann eine Novizin. Alle waren mit meiner Leistung zufrieden, und ich konnte viel Buße tun, weil ich viel herumlaufen mußte.

Es kam die Zeit, daß ich die ewigen Gelübde ablegen sollte. Wegen meiner Tuberkulose war ich immer noch außerhalb der Gemeinschaft. Vor den Gelübden aber mußte ich an den Exerzitien teilnehmen. Die Ehrwürdige Mutter aber hatte immer noch Angst, mich in die Gemeinschaft der gesunden Schwestern aufzunehmen. Ich bat oft und oft darum, doch man hatte kein Erbarmen mit mir, weil ich immer noch eine Gefahr für die Gesundheit der anderen Schwestern war. Es war kurz vor den Exerzitien, als das liebe Jesuskind wieder zu mir kam. Ich beklagte mich bei ihm, daß man mich nicht ins Refektorium und zu den Exerzitien nehmen wollte. Da sagte das Jesuskind zu mir: "Du wirst in kurzer Zeit meine Allmacht an dir selbst erfahren. Auch wird sich die Gesinnung deiner Vorgesetzten ändern. Sei getrost, du wirst bald ein großes Wunder erleben."

Einen Tag vor Beginn der Exerzitien für uns "Näher-Professen" machten wir eine Wallfahrt nach Zuckmantel. In dem Wallfahrtskapellchen wurde ich plötzlich von einem Licht geblendet. Ich war in dieses helle Licht getaucht und sah nichts anderes mehr. Als dieses Licht verschwunden war, war niemand mehr in der Kapelle, nur das liebe Jesuskind. Ich fühlte mich plötzlich so stark wie nie zuvor. Ob jemand das helle Licht gesehen hatte, weiß ich nicht, und da niemand etwas davon erwähnte, so schwieg auch ich. Doch ich war jetzt so stark, daß ich mit dem Stelzbein den 20-minütigen Weg zum Autobus mühelos gehen konnte. Alle bewunderten die Schnelligkeit meines Gehens.

Ich ging als erste und sagte zu meinen Mitschwestern: "Das Kreuz muß vorne gehen, und ich bin das Kreuz des Klosters, deshalb muß ich vorangehen." Alle riefen mir nach: "Schwester Cornelia, nicht so schnell!" Ich war immer etwa 50 Meter voraus. Alle kamen außer Atem zum Autobus, nur ich war frisch wie noch nie. Doch sie trieben noch ihren Spott mit mir; denn sie lachten mich aus, weil mir der Fuß nicht angewachsen war. Zuvor hatte ich gesagt, daß ich darum beten würde, daß mir der liebe Gott den Fuß wieder anwachsen läßt, oder daß ich in die Gemeinschaft komme.

Am nächsten Tag begannen die Exerzitien. Als ich wegen der Exerzitien zur ehrwürdigen Mutter Cordula ging, sagte sie zu mir: "Schwester Cornelia, Sie dürfen von heute an in die Gemeinschaft kommen!" Meine Freude war so groß, daß ich sie gar nicht in Worte ausdrücken konnte. Doch das Jesuskind wußte es. Fünf Jahre war ich Pfortenschwester. Manche ältere Schwester wäre gern an der Pforte gewesen. Ich war überall gerne, wo ich im Gehorsam hingestellt wurde. Als ich in die Gemeinschaft kam, konnte ich nicht mehr so viele Opfer bringen, da ich nicht auffallen wollte.

Nun kam der schöne Profeßtag. Ich durfte die ewigen Gelübde ablegen. Meine Freude war überaus groß; so groß, daß alle mir ansahen, wie ich mich von Herzen freute. Mutter Sekretärin kam sogar bei Tisch zu mir und fragte mich: "Schwester Cornelia, warum freuen Sie sich so?" – "Ich freue mich schon jetzt auf das Jubiläum, denn jetzt bin ich glücklich, weil Ihr mich nicht mehr aus dem Kloster wegschicken könnt," erwiderte ich. Die Oberin schaute mich mit großen Augen an und sagte: "Sie sind ein Spitzbub!" Ich hatte es aber deswegen gesagt, weil sie mich als kranke Novizin oft hatte nach Hause schicken wollen. Damals hatte sie gesagt, daß ein Kloster kein Siechenheim sei. Sie hatte wohl erkannt, daß meine Krankheit von langer Dauer sein würde. Mater Sekretärin war von nun an immer gut zu mir. Als sie später krank darnieder lag, wollte sie keine andere Pflegerin haben als nur mich. Ich war überaus glücklich.

Das liebe Jesuskind aber forderte mich zu immer größeren Opfern auf. Ich war noch immer an der Pforte. In der Zwischenzeit hatte Hitler die Macht übernommen, und es kamen immer schlimmere Nachrichten. Ich litt sehr darunter. Auch bat ich meine lieben Vorgesetzten immer wieder um eine Prothese, damit ich meinen Pflichten an der Pforte besser nachkommen konnte. Doch mein Bitten war vergeblich. Der Arzt hatte meinen Vorgesetzten mehrfach gesagt, daß es sich nicht lohne, da ich in absehbarer Zeit eine Lungenlähmung bekommen würde. Damit war die Sache erledigt, denn es wäre ja dann schade um das Geld für die Prothese.

Nach dem Tode von Mutter Cordula wurde die Provinzoberin, Mutter Luzilla, in unserem Hause Oberin. Sie war eine sehr gute Seele, die sich von niemandem beeinflussen ließ. Mir war sie eine besorgte Mutter. Oft sah sie mich mitleidig an, wenn ich auf dem Stelzbein umherging. Eines Tages rief sie mich zu sich und befragte mich nach der Ursache, warum ich das Bein verloren hätte. Ich erzählte ihr alles. Sie weinte dabei. Dann fragte sie mich, warum ich noch keine Prothese tragen würde, da dies doch viel besser sei. Ich antwortete ihr, daß der Arzt gesagt hatte, daß es sich für mich nicht lohne, und daß Mutter Feliziana, die Ökonomin, aus diesem Grunde auch kein Geld für eine Prothese ausgeben wollte. Mutter Luzilla forderte mich nun auf, das Stelzbein abzunehmen, damit sie sehen könnte, wie weit das Bein amputiert war. Als ich nun mein Stelzbein abgenommen hatte, sah sie, wie ich es mit einer Kaliobinde befestigt hatte. Erschüttert sagte sie: "Sie Arme!" und legte den Kopf auf den Tisch und weinte bitterlich. Nach einer ziemlich langen Pause sagte sie:

"Schwester Cornelia, Sie müssen unbedingt eine Prothese bekommen, und wenn ich das Geld dazu von meinen Verwandten erbetteln müßte. Nicht wahr, Ihre Verwandten möchten sicher auch etwas dazulegen. Schreiben Sie doch auch Ihren Verwandten." Ich tat, wie mir die liebe, Ehrwürdige Mutter befohlen hatte. Schon nach einer Woche kam die Antwort von meinem Bruder Emil, der alleine schon 200 Mark spenden wollte. Damals, im Jahre 1940, waren 200 Mark sehr viel Geld, und die Prothese allein kostete schon so viel.

Auch mehrere andere Geschwister erklärten sich bereit, alle Kosten zu übernehmen. Die Hauptsache sei, daß ich wieder gehen könne. Die Ehrwürdige Mutter klärte mit dem Beuthener Krüppelheim ab, wann ich kommen konnte. Im Frühjahr 1940 kam ich in Begleitung von Schwester Venatia nach Beuthen. Dort wurde ich mit großer Freude aufgenommen und sogleich zum Chefarzt geführt. Er untersuchte mein Bein und fragte mich: "Schwester, wie lange gehen Sie schon so auf dem Stelzbein?" Ich gab zur Antwort, daß es gerade fünf Jahre wären. Das Bein war unter dem Knie ganz zusammengewachsen und alle Muskeln und Sehnen waren zusammengeschrumpft. Der Oberarzt ließ die Schwester, die mich begleitet hatte, rufen und herrschte sie an: "Seid ihr in Olbersdorf Idioten? Wie habt ihr die Schwester dort zugerichtet!?" Er war sehr ärgerlich, und die Schwester hat viel einstecken müssen, obwohl sie keine Schuld traf.

Am nächsten Tag mußte ich zur Untersuchung und zum Röntgen. Ich wollte nicht gehen und weinte, denn ich befürchtete, daß das Röntgenbild immer noch Spuren der TB auf der Lunge zeigen könnte, und daß ich dann wieder keine Prothese bekommen würde. Der Chefarzt aber sagte zu mir: "Haben Sie keine Angst, Sie bekommen eine Prothese, und wenn Sie diese nur 14 Tage tragen würden!"

Ich kam als Patientin auf eine Station, auf der auch viele Kinder lagen. Da hatte ich viel zu tun. Ich machte alle Arbeit bei den Kindern so, als sei ich dort angestellt. Die Stationsschwester, Schwester Servatia, war überglücklich, daß ich ihr so viel half, und sie lief gleich in die Werkstatt, wo man die Prothese anfertigte, und sagte zu den Arbeitern, daß sie sich nicht mehr mit der Herstellung der Prothese zu beeilen brauchten, denn sie hätte eine große Hilfe an mir. Bekäme ich die Prothese bald, so müßte ich das Krankenhaus auch wieder verlassen. Zum Schluß kam es so, daß man mich nicht mehr nach Olbersdorf zurücklassen wollte, bis ein energischer Brief von der Oberin kann.

In den vier Monaten, in denen ich in Beuthen im Krüppelheim war, besuchten mich meine Geschwister jede Woche. Sie hatten sich untereinander abgesprochen, mir den Aufenthalt in Beuthen und die Prothese zu bezahlen. Ich fuhr noch eine Woche zu Besuch zu meinen Angehörigen, von denen ich zum Abschied noch viel Geld geschenkt bekam. Es war das erste Mal, daß ich nach acht Jahren zu meinen Angehörigen fuhr. Als ich bei meinen Angehörigen zu Besuch war, ist auch dort das liebe Jesuskind immer zu mir gekommen. Einmal fragte ich es: "Auch hier hast du mich gefunden?" Das Jesuskind antwortete mir: "Wohin du gehst, dort muß auch ich sein!" Auch in Beuthen war es oft bei mir gewesen. Ja, je öfter ich an das Jesuskind dachte, um so öfter kam es zu mir.

Als die Besuchstage vorbei waren, fuhr ich nach Beuthen zurück. Von dort aus sollte ich wieder nach Olbersdorf. Als ich den Aufenthalt in Beuthen und die Prothese bezahlen wollte, erklärte mir der Direktor: "Schwester, Sie haben hier vier Monate fleißig gearbeitet. Sie bezahlen nur die Prothese mit 200 Mark. Alles andere haben Sie abgearbeitet!" Ich hatte dort erster Klasse gelegen, und auch das Essen war dementsprechend. So mußte ich meine geschenkten 2000 Mark einstecken und mit nach Olbersdorf nehmen. Als ich nach Olbersdorf zurückkam, freuten sich alle, daß ich jetzt gehen konnte.

In Olbersdorf wartete erneut großes Leid auf mich. Weil ich viel herumlaufen mußte, bekam ich über dem Knie des kranken Beines eine Muskelentzündung, die sehr schmerzte. Ich mußte wieder ins Bett, das ich unter großen Schmerzen zwei Wochen hüten mußte. Als alles wieder gut geworden war, kam ich nicht mehr an die Klosterpforte, sondern in die Nähstube, denn an der Pforte war schon eine Vertretung eingesetzt worden. In der Nähstube hatte ich viele Gelegenheiten, Opfer zu bringen, denn ich arbeitete mit Schwester Fabiola zusammen, welche sehr eifersüchtig und auch herrschsüchtig war. Trotzdem war dort das stille, verborgene Leben für mich eine Erholung. Das liebe Jesuskind verkehrte mit mir wie immer. Eines Tages fragte ich das Jesuskind, ob ich nicht auf dem Fußboden schlafen könnte, und ob ich mir einen Stein als Kopfkissen nehmen soll oder darf. Das Jesuskind schaute mich lächelnd an und sagte: "Tue das, meine Schwester!"

Weil ich in einem großen Schlafsaal mit 12 Betten schlief, mußte ich sehr vorsichtig sein, um von niemandem bemerkt zu werden. Ich tat alles, um verborgen zu bleiben. Es fiel mir auch nie ein, jemandem etwas über meinen Verkehr mit dem lieben Jesuskind zu sagen. Auch hatte ich es mir als Buße auferlegt, niemandem etwas zu erzählen, was ich für ein Geheimnis hielt. Auf dem Fußboden zu schlafen, fiel mir sehr schwer, denn ich wachte immer als erste vom Schlaf auf. Es war meist morgens gegen 4 Uhr, und ich war halb erfroren. Um halb fünf standen wir dann schon auf. Manchmal legte ich mich abends lieber ins Bett mit der Ausrede, daß ich ja noch lungenkrank sei. Als aber das liebe Jesuskind zu mir kam, um mir den Nachtsegen zu geben, ist es jedesmal traurig verschwunden, oder es legte sich weinend neben mein Bett auf den Fußboden, dort, wo ich eigentlich liegen sollte. So mußte ich mich zusammennehmen und, ob ich wollte oder nicht, mich auf den Fußboden legen. So, wie das liebe Jesuskind gut zu mir war, so war es auch streng.

Ich mußte sehr viele Opfer bringen, und ich ließ mir niemals ein Opfer entgehen, ohne es nicht gebracht zu haben. Es tut mir immer leid, wenn ich Menschen sehe, die die Chancen, Opfer zu bringen, an sich vorüber gehen lassen, ohne sie zu nutzen.

Ich wollte mein ganzes Leben Tränen der Reue weinen, wenn mir bewußt wäre, daß ich dem lieben Gott ein Opfer versagt hätte. Ach, wie glücklich war ich, wenn ich dem lieben Gott durch eine Selbstverleugnung eine Freude machen konnte. Wie viele gute Sachen, die ich hätte aufessen können, habe ich verschenkt oder ins Feuer geworfen, um dem lieben Gott die Glut meiner Liebe zu ihm zu beweisen. Alles tat ich im Verborgenen; niemand erfuhr etwas davon, nicht einmal mein Beichtvater.

Als wir Schwestern im Jahr 1940 einen Seelenführer bekamen, hatte dieser in manchen Vorträgen über das Blendwerk des Teufels gesprochen. Von da an wurde ich sehr unruhig, wagte aber nicht, mich auszusprechen. Eines Tages kam wieder unser Seelenführer ins Haus, und wir gingen alle zur heiligen Beichte. Nach meiner Beichte fragte er mich: "Schwester, beichten Sie immer so wie heute?" Ich antwortete ihm: "Ja, denn ich nehme jede heilige Beichte so an, als wäre es meine letzte." Der Seelenführer erklärte mir dann, daß er sich einmal persönlich mit mir im Sprechzimmer zu unterhalten wünsche. Er würde diesbezüglich selbst mit der ehrwürdigen Mutter sprechen. Ich erklärte mich damit einverstanden.

Ungefähr drei Wochen später ließ er mich ins Sprechzimmer rufen. Ich dachte mir nichts dabei und ging mit Erlaubnis der ehrwürdigen Mutter ins Sprechzimmer. Der Seelenführer gab mir zur Aufgabe, ihn als geistlichen Bruder anzunehmen, was für mich bedeutete, daß ich für ihn beten, arbeiten und opfern sollte. Ich versprach zu tun, was in meinen Kräften stand. Von da an hatte ich viele Zweifel, ob es richtig war, mich mit niemandem zu besprechen, besonders wegen der großen Bußwerke, die ich auf mich genommen hatte. Ich erkannte nämlich, daß ich zu weit gegangen war. Auch trug ich noch einen scharfen Bußgürtel und verrichtete noch viele andere Bußwerke. Ich tat es, um dem lieben Gott Freude zu machen und um dadurch Seelen für ihn zu gewinnen.

Eines Tages, als der Seelenführer wieder zu uns kam, um uns die heilige Beichte abzunehmen, fragte ich ihn, ob ich einige Bußwerke auf mich nehmen dürfte, und ich zählte ihm so einige auf. Er fragte mich: "Haben Sie diese Bußwerke schon auf sich genommen?" Ich antwortete: "Ja" – "Schwester", so erklärte er mir, "wenn Sie es nicht wären, ich würde es Ihnen nicht erlauben, doch weil Sie es sind, so dürfen Sie alles auf sich nehmen, was Ihnen der liebe Gott eingibt. Nur müssen Sie es mir immer sagen, wenn Sie eine neue Buße auf sich genommen haben. Von meinem Verkehr mit dem lieben Jesuskind habe ich mit diesem Seelenführer nie gesprochen. Ich hatte gar kein Bedürfnis, mit jemandem darüber zu sprechen.
Katharina Maria
Diese Sühneseele hatte auch sehr viele Schauungen bzgl. Hand- und Mundkommunion - und durfte erleben, wie sehr die Handkommunion den HERREN verletzt.
Sehr interessant diese Büchlein.
Wäre für jeden gut zu lesen, der immer wieder behauptet, dass die Handkommunion schon "okay" sei und der HERR da nichts dagegen hätte....
Rita 3
Was für eine starke Sühneseele