Predigt von Pfarrer Maximilian Pühringer zum heutigen Sonntag, 31.12.2023

Predigt Fest der hl. Familie - Jahresschluss, Oberkappel 31.12.2023 Perikopen: Hebr 11,8.11-12.17-19 Lk 2,22-40
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Wieder liegt ein Jahr hinter uns. Wie schnell die Zeit vergeht, werden einige sagen. Wie sind wir durch das Jahr gekommen? Diese Frage möchte ich über die heutige Predigt stellen. Erstens: Wie bin ich persönlich durch das Jahr gekommen? Da bin jetzt ich persönlich gemeint, der Mensch, der ich bin. Da geht es nicht um den Nachbarn, sondern um mich. Wie bin ich durch das Jahr gekommen? Da geht es noch nicht einmal um meinen Glauben, sondern um mein Menschsein. Wie habe ich als Mensch gelebt? Wie menschlich war ich, mir gegenüber, aber auch den anderen gegenüber? Vieles in unserem Leben ist fließend. Was jedoch das Bleibende ist, das sind die Beziehungen, in denen wir leben. Wie waren die Beziehungen in diesem Jahr? Bin ich vom Du zum Ich geworden? Ist Menschwerdung geschehen? Heute ist auch das Fest der Heiligen Familie. Wie schaut es aus in meinen Familien, in meinen Gemeinschaften, in denen ich zuhause bin. Familie kommt vom Lateinischen familiaris d.h. gemeinsam! In einer Zeit, in der die auseinanderstrebenden Kräfte immer stärker werden, ist es gut das Gemeinsame nicht aus den Augen zu verlieren. Wie bin ich persönlich durch das Jahr gekommen? Wichtig ist, dass ich ein wenig über mich selbst nachdenke, dass ich mir selber zur Frage werde und den Weg nach Innen gehe? Zweitens: Wie sind wir als Kirche durch das Jahr gekommen? Da meine ich zuerst die Kirche vor Ort, die Pfarre. Ich denke schon, dass wir als Pfarre nicht so schlecht durch das vergangene Jahr gekommen sind. Ich entdecke bei uns doch noch eine gewisse Lebendigkeit und ein gewisses Mittun. Ich sage heute ein ganz aufrichtiges Vergelt´s Gott allen, die sich im pfarrlichen Leben einbringen. Ich sage auch Vergelt´s Gott für jegliche finanzielle Unterstützung der Pfarre. Die ist in Oberkappel erfreulich gut. Wir haben auch noch einen verhältnismäßig hohen Kirchenbesuch, auch wenn viele leider nicht mehr kommen, weil das Kirchengehen eben nicht mehr „in“ ist und es mir ja so auch gut geht. Wir Priester des oberen Mühlviertels hatten im November ein Treffen mit Bischof Manfred Scheuer, auch hinsichtlich der neuen Struktur, die da kommt, wo er uns sagte: „Wie geht es den Gläubigen mit euch Pfarrern? Da stelle ich immer wieder fest: es gibt in jeder Pfarre Menschen, die sagen, nur der Pfarrer, sonst kein anderer. Dann gibt eine (meist größerer) Gruppe, die ganz neutral sagt, so wie es bei uns ist passt es. Dann gibt es auch Menschen, die sagen, mit dem Pfarrer kann ich gar nicht, bis hin zur Ablehnung.“ Für mich eine sehr realistische Aussage, die ich in dieser Form, auch ziemlich eins zu eins, auf das Verhältnis Pfarrer zur Pfarre ummünzen darf. Freilich, wo heute für den Glauben noch etwas verlangt wird, stößt das mitunter auf Unmut: Wie kann man nur? Aber für etwas Kostbares, und der Glaube ist das Kostbarste, das es gibt, darf man etwas verlangen. An diesem Glauben hängt ganzheitliches Gelingen des Lebens. Und dann erzählte Bischof Manfred noch von einer anderen Begebenheit. Er war in einem Linzer Frauenkloster eingeladen, dort den Sonntagsgottesdienst zu feiern. Es war dort ein Fremder Diakon zu Gast. Dieser war, aufgrund der Anwesenheit des Bischofs, furchtbar nervös, dass er sich sogar beim Anziehen der liturgischen Gewänder furchtbar schwer tat. Als sie Schwester Oberin das merkte, sagte sie: „Bei uns braucht niemand nervös sein, keiner von uns ist perfekt.“ Ein Wort, das uns in der Kirche allen gesagt sei, auch wenn da immer das sehr große Wort der Bergpredigt vor uns steht, das uns anspornt zur Arbeit an uns selber: „Seid vollkommen, wie auch euer himmlischer Vater vollkommen ist.“ Wie sind wir als Kirche in Österreich durch das Jahr gekommen? Es ist sicher wieder viel Gutes geschehen in unserer Kirche, das in den Medien nicht abgedruckt wird, auch der Glaube im Herzen des Menschen ist nicht äußerlich feststellbar. Eine Schlagzeile über die Kirche in Österreich hat mir jedoch Kummer bereitet. Die Austrittszahlen des Jahres 2022 wurden bekanntgegeben. Ein neuer Höchststand von 90.000 Austritten für Österreich. In erster Linie ein Schritt der Gleichgültigkeit, auch wenn man doch ganz gerne am kirchlichen Kuchen mitnascht, wenn es einem hineinpasst. Aber es hilft nichts. Der Kirchenaustritt, sofern er nicht widerrufen wird, ist ein letzter Wille, ist Testament eines Menschen. Ein Testament muss ernstgenommen werden, ein Testament führt jedoch mitunter auch zu Spannungen, wenn der Inhalt den Erben nicht passt. Wie sind wir als Weltkirche durch das Jahr gekommen? Da möchte ich nur sagen, dass viele Probleme, die wir als Kirche in Mitteleuropa haben, nur unsere, teils hausgemachten Probleme sind, die nur wir haben. In anderen Teilen der Welt gibt es keinen Priestermangel, und auch keinen Gläubigenmangel , zumindest nicht in dieser Form, wie bei uns. Beeindruckend ist für mich ein Gedanke der Weihnachtspredigt von Papst Franziskus, die er an der Volkszählung des Kaisers Augustus aufgehängt hat. Er sagt: „Ja, Christus schaut nicht auf Zahlen, sondern auf Gesichter. Wer aber schaut auf ihn, inmitten der vielen Dinge und der Hektik einer stets geschäftigen und gleichgültigen Welt? Wer schaut auf ihn? Während im Rausch der Volkszählung viele Menschen in Betlehem kamen und gingen, die Herbergen und Gasthäuser füllten und über dies und das redeten, waren einige Personen Jesus nahe: Maria und Josef, die Hirten und dann die Sterndeuter. Lernen wir von ihnen. Sie halten ihren Blick auf Jesus gerichtet, ihr Herz ist ihm zugewandt. Sie reden nicht, sondern beten an.“ Kirche wird in dem Maß, nach den Maßstäben Gottes erfolgreich sein, in dem sie auf Christus schaut. Drittens: Wie sind wir als die eine Menschheit durch das Jahr gekommen? Ich habe heuer einmal eine deutliche Predigt gehalten, über unsere Welt, die von vielen Krisen und Kriegen durchgebeutelt wird. Das möchte ich nicht wiederholen. Manche Entwicklungen sind nicht gesund. Das ganze hängt sich meist auf, dass man nicht miteinander kann und will, dass das Hick-Hack in Politik und Gesellschaft immer größer wird, und dass natürlich jeder Angst um seinen Wohlstand hat. Beim Geld hört sich ja bekanntlich die Freundschaft auf. Vielleicht, liebe Brüder und Schwestern, sollen wir im Blick auf das vergangene Jahr die Frage „Wie bin ich durch das Jahr gekommen,“ die Frage umdrehen: „Wie möchte ich persönlich durch das neue Jahr kommen?“ „Wie sollten wir als Kirche, zuerst als Kirche vor Ort durch das Jahr kommen?“ „Was kann ich tun, dass die Menschheit vielleicht eine Spur besser durch das neue Jahr kommt?“ Freilich, keiner von uns kann das Ruder herumreißen. Aber das bekannte Sprichwort aus Afrika hat schon was: „Wenn viele kleine Leute, an vielen kleinen Orten, viele kleine Schritte tun, dann erneuert sich das Angesicht der Erde.“ Und da ist noch das Wort, das mehrfach in der Lesung gesagt wurde „Aufgrund des Glaubens…“ Es kommt immer darauf an, wie ich aufgrund des Glaubens handle. Maria, die Mutter des Glaubens, möge uns helfen, dass wir im guten Sinn großgläubig werden, Menschen aus denen der Glaube Großes macht, und die im Glauben Großes vollbringen. So schließe ich mit einem Wort des hl. Padre Pio: „Oh mein Gott, meine Vergangenheit empfehle ich deiner Barmherzigkeit, meine Gegenwart deiner Liebe, meine Zukunft deiner Vorsehung.“ Amen.